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Herzlich willkommen bei StadtGarten Salvisberg

Eine Friedensbotschaft empfängt die Besucher*innen in der Johannisberger Straße 32: Zwei Tauben, die gemeinsam einen Ölzweig halten. Das farbige Wohnhaus hat der Architekt Otto Rudolf Salvisberg entworfen. Der expressionistische Fassadenschmuck über der Haustür ist vermutlich dem Bildhauer und Architekten Paul Rudolf Hennings zuzuordnen, der mit Salvisberg zusammengearbeitet hat und ihm freundschaftlich verbunden war.

Das heute denkmalgeschützte Gruppenhaus entstand 1925-26 für die „Deutsche Lebensversicherung für Wehrmachtsangehörige und Beamte“. Es ist ein Gruppenhaus mit zwei hervorgehobenen Einfamilienhäusern und einem zwischengeschalteten Trakt für Mietparteien. Im linken Eckbau wohnte von 1963-74 Klaus Schütz mit seiner Familie. Eine Gedenktafel erinnert an den SPD-Bürgermeister von West-Berlin zwischen 1967 und 77. Er hatte Heinrich Albertz abgelöst, der infolge der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg bei der Demonstration am 2. Juni 1967 zurückgetreten war.

Salvisberg gilt als einer der wichtigen Vertreter des Neuen Bauens in der Weimarer Republik. Neben seinen Wohnhausblöcken wie am Botanischen Garten und in Schmargendorf ist er vor allem durch seine Teilnahme an den großen Siedlungsprojekten Onkel Toms Hütte in Zehlendorf oder der Welterbestätte Weiße Stadt in Reinickendorf bekannt. Darüber hinaus hat sein Büro bis Ende der 1920er Jahre zahlreiche Landhäuser und Villen im Berliner Südwesten entworfen.

Bereits für damalige Zeitgenossen ist der Schweizer Architekt „ein durch und durch praktischer Baumeister“ zwischen Traditionalismus und Avantgarde, „der mit Vernunft und Intelligenz einen Bau disponiert“ (Paul Westheim/Salvisberg – Neue Werkkunst 1927). Seine Architektur ist aus dem Grundriss zu verstehen und entwickelt sich von innen nach außen – gut nachvollziehbar am Gruppenhaus in der Johannisberger Straße: Wohn- und Esszimmer orientieren sich zum Garten hin. Die Raumfolge wird über einen lichten Wintergarten und eine erhöhte Terrasse weitergeführt, die zwischen Haus und dem Außenraum vermitteln. Auch die Freiflächen waren ursprünglich in die Planungen einbezogen. Der konzipierte Nutzgarten ist aber nicht mehr überliefert. So kann der Bereich jetzt für die Kunst geöffnet werden.

Thomas Beutelschmidt

Die Ausstellung StadtGarten Salvisberg


Anlässlich von Otto Rudolf Salvisbergs 140. Geburtstag stellen die Initiatoren der Treuhandstiftung Nachkriegsmoderne in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) den Garten des Hauses an der Johannisberger Straße 32 für ein Wochenende
zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit sieben Künstler*innen wurde der temporäre und ortsspezifische Skulpturen-Garten “StadtGarten Salvisberg” entwickelt. StadtGarten Salvisberg” möchte darüber hinaus zusätzlich das angrenzende architektonische Umfeld vorstellen. Der Publizist Thomas Beutelschmidt bietet dafür am Ausstellungswochenende Rundgänge im Umfeld der Johannisberger Straße an. Im Mittelpunkt stehen drei prägnante Zeitschichten: die Neue Sachlichkeit des
Reichsknappschaftshauses, von Max Taut und Franz Hoffmann (1929-30, heute Lateinamerika-Institut der FU), der NS-Klassizismus von Fritz August Breuhaus de Groot, für die Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie (1939-40, heute
MSB Medical School Berlin) sowie die Nachkriegsmoderne am Beispiel der Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße der Architekten Georg Heinrichs Wolf Bertelsmann, den Gebrüder Krebs und GMP (1973–80). Die “Schlange” ist ein Sinnbild und gleichzeitig Endpunkt für einen ungebrochenen Fortschrittsglauben, der sich hier mit einem beispielhaften Projekt der autogerechten Stadt manifestiert.


Das sich durch Wohnungsnot, Nachverdichtung und Bauboom rasant verändernde Berlin muss sich – nicht zuletzt durch den sich immer stärker bemerkbaren Klimawandel – den Themen Mikroklima in der Stadt sowie Schutz von Natur, Grünflächen
und Gärten widmen. Dabei ist die gesamte Gesellschaft gefragt und nicht allein Politik und Verwaltung. Verschiedene Akteur*innen haben sich in den vergangenen Jahren diesem Thema zugewandt und bieten vielschichtiges Wissen, Vorschläge und Visionen zur Verbesserung städtischer Lebensqualitäten an. Das Ausstellungsprojekt
“StadtGarten Salvisberg” möchte an genau diesem Diskurs ansetzen und mit dem geöffneten Garten in der Johannisberger Straße 32 exemplarisch und vorwiegend nachhaltige Kunstwerke realisieren und im Naturkontext präsentieren. Um den Garten nicht zu „erdrücken“, steht auch hier eine umweltverträgliche Konzeption im Fokus.


Christof Zwiener, künstlerischer Leiter




 

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